In der Dunkelheit einer einzigen Nacht!
Im Juni 1960 war unsere Tochter zur Welt gekommen. Für Anfang August 1961 hatte sich unser zweites Baby angemeldet. Zur damaligen Zeit mussten die Mütter nach der Geburt noch eine Woche im Krankenhaus bleiben. Als Fernfahrer konnte sich mein Mann nicht um das gut ein Jahr alte Mädchen kümmern. So kam es, dass die Kleine für diese Zeit von meinen Eltern in Ostberlin versorgt wurde.
Das zweite Kind war ein Bub, der am 2.August 1961 der Meinung war, raus aus der Dunkelkammer, ich will an die Sonne. Am 8.August durfte ich mit dem kleinen Winzling dann auch nach Hause. Gut gemeint boten mir meine Eltern an, mich noch bis Sonntag (das war der 13. August)zu erholen, solange würden sie das Mädchen gerne noch behalten.
Zu der Zeit wohnten wir immer noch in Frohnau in anderthalb Zimmer zur Untermiete. Am Samstag dem 12.August bekam ich große Sehnsucht nach der Tochter. Mein Mann war noch nicht zurück, also besprach ich es mit unseren sehr netten Vermietern. Ich fütterte und wickelte den Säugling und sie passten so lange auf ihn auf. Ihn mitzunehmen war zu schwierig. Bei der S-Bahn Treppen rauf und Treppen runter. Nicht immer war jemand so hilfsbereit und fasste mit an. Ich eilte also zur S-Bahn, fuhr bis zum Bahnhof Stalinallee und lief wie gehetzt die Rigaer Straße entlang. Es war, als zöge mich meine Tochter förmlich an. Dort blieb ich nur kurz, weil der kleine Bruder auch bald wieder versorgt werden musste. Beim Abschied sagte ich noch: „Wir sehen uns ja bald mit dem Jungen.“
Als ich so gegen 17:00 Uhr mit der S-Bahn wieder nach Frohnau fuhr, war noch alles wie immer.
Morgens kurz vor sechs Uhr wurde ich unsanft aus meinen Träumen gerissen. Als Langschläfer reagierte ich mit einem ziemlich mürrischen: „Morgen, was ist denn los?“ Mein Mann stand neben dem Bett und warf mir die Tageszeitung hin mit den Worten: “Lies mal, dann bist du wach! Und unser Mädchen?“ „Schläft nebenan“, entgegnete ich und beide waren wir überaus erleichtert. Es sollte bis Weihnachten 1963 dauern, bevor sie den Jungen sehen konnten.
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